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Stellenanzeigen für Assistenzen

Stellenanzeigen für die Assistenz sind leider, leider oft furchtbar bieder und langweilig. Die aufgezählten Tätigkeiten trifft man in 90 % aller Anzeigen wieder. Die geforderten Kenntnisse lesen sich wie die Ankreuzliste vom Jobcenter. Persönliche Eigenschaften und Fähigkeiten? Siehe Top Ten des LinkedIn-Management Speak. Dass das Umfeld spannend, die Stelle eine Herausforderung und die Tätigkeiten abwechslungsreich genannt werden, ist so abgedroschen, dass man schon Ironie unterstellt. Kickertisch, Obst, Kaffee stehen noch von der vorigen Stellenausschreibung drin.

Wo ist das Problem?

Überall. In jeder Zeile, im Text als Ganzen, in den Firmen, in den Personalabteilungen.

Es stimmt, das Tätigkeitsprofil besteht nun mal aus Besprechungen, E-Mails, Protokollen, Ablagekörben und Reiseorganisation. Es ist nur ehrlich, das alles aufzuzählen. Aber das macht doch die Arbeit nicht aus! Ich gehe doch nicht in Firma X und sage mir, oh heute schreibe ich mal ein Protokoll und ich buche dem O ein Zugticket, toll! Nein, ich gehe wegen was anderem hin.

Erstens: weil ich mit dem, was ich tue, einen Unterschied mache. Mein Protokoll hält fest, dass G und M bis Freitag eine bestimmte Spezifikation hergeben sollten, damit ein Auftrag über 10.000 EUR klappt. O kommt nach B zur Messe und musste sich nicht selbst drum kümmern.

Zweitens: ich merke, dass G und M selbst nicht klar war, wie ausschlaggebend ihre Information ist und dass mein Protokoll sie dran erinnert hat. Außerdem war es spannend, die Zusammenhänge bei dem Auftrag nochmal festzuhalten. Und ich sehe, dass O sich wirklich über die Unterstützung mit dem Ticket freut.

Was man lesen möchte

Solche Informationen möchte man doch aus der Anzeige herauslesen können! Eine Beschreibung der vorgesehenen Rolle. Hinweise über die Einbindung in die Arbeitsumgebung, den Stellenwert der Position, den eigenen Beitrag zur Wertschöpfung.

Natürlich braucht man bestimmte Kenntnisse und Fähigkeiten. Textverarbeitung, Business Software, Formulieren können, das Wissen über Firmenbahncards und City Tickets. Aber das ist doch schon in der Nachbarabteilung anders und ändert sich insgesamt dauernd, wie kann ein Unternehmen ernsthaft SAP oder WordPowerpointExcel zwingend voraussetzen, das lässt sich doch lernen? Ich geh doch auch nicht hin und sage, hier, ich habe einen Excelkurs für Microsoft 365 Version 2204 gemacht, ich möchte jetzt bitte eine Stelle, in der ich genau das anwenden kann?

Und was nicht

Ja, warum tauchen in diesen Stellenausschreibungen noch immer Forderungen nach Eigenschaften auf wie „Zuverlässigkeit“ oder „Gepflegte Erscheinung“? Ich bin noch nie, NIE in einem Vorstellungsgespräch gesessen und gefragt worden „wie zuverlässig sind Sie auf einer Skala von 1 bis 10“, noch nie wurde mein Erscheinungsbild thematisiert. Im Gegenteil, ich habe schon Gespräche in Gepflegter Erscheinung geführt und mir dafür extra Garderobe angeschafft, um dann im Job dort festzustellen, dass die Kollegen quasi in der Badehose arbeiteten und das Management immerhin täglich duschte. Warum stand das in der Stellenanzeige – weil man das so macht?

Weil in den 60ern mal relevant war, dass man Rock, Blazer und Absatz trägt, steht heute „gepflegte Erscheinung“? Weil in den 70ern „Maschine schreiben“ Voraussetzung war, muss heute noch „Kenntnisse in Word“ in so einen Text? Weil es in den 80ern üblich war, Briefe zu tippen, sucht man heute jemand für „Schriftverkehr“? Solche festsitzenden Konventionen abzustreifen, scheint nicht so einfach zu sein.

Und es stimmt, es ist wirklich nicht einfach, das merkt man an Texten, die ein „gute Seele“ suchen, die „mit Herz und Verstand“ das Team verstärkt. Das sind Versuche, die Wertigkeit der Assistenz wiederzugeben und als solche anerkennenswert. Aber auch hier lassen die 60er grüßen.

Stattdessen:

Leute, überlegt euch doch ein bisschen was. Macht euch Gedanken. Die Assistenz ist eine Querschnittsfunktion, sie ist Rückgrat, Support und Zusammenhalten. Die Aufgabe hat sich gewandelt, aber die allgemein dafür verwendeten Begriffe sind nicht mehr zeitgemäß.

Geht weg von den Abhaklisten, von den alten Bildern in den Köpfen, vom Stockfoto-Image zuverlässig frisierter Frauen, die mit Stift und Block in einem Vor- oder Hinterzimmer sitzen. Sagt uns: Welche Funktion soll die Assistenz bei euch an dieser Position erfüllen? Soll sie versorgen, vorbereiten, zuarbeiten? Am Laufen halten, Impulse geben? Koordinieren und Nebenlinien zu einem Ziel bringen? Organisieren und möglich machen?

Was ich herauslesen möchte: Sitze ich da, weil ihr meint, Assistenz ist Listen abhaken und Befehle ausführen? Oder bin ich in Sinnzusammenhänge und in die Gemeinschaft eingebunden?

Wenn ihr es schafft, das rüberzubringen, in euren Anzeigen, eurem Verhalten und dem ganzen nachfolgenden Prozess, dann habt ihr gewonnen. Übrigens nicht nur bei der Stelle für eure neue Assistenz.