Im Unternehmen wird eine Person reihum den Kollegen und Kolleginnen vorgestellt. Als die Reihe an die Assistenz kommt, sagt die Führungskraft so etwas wie „Das ist Frau B, unsere Assistenz“ und da trillert diese Person fröhlich verständnisvoll „AH JA, die Gute Seele!“
Man schafft es noch, möglichst neutral zu antworten „Mnjaa, ich bin die Office Managerin“ und überlegt dann ziemlich lange, warum einen das stört und ob man ein undankbarer Mensch ist.
Nunja, die Situation ist so: Eine Person, die man nie zuvor im Leben gesehen hat, stülpt einem spontan eine Bezeichnung aus der Klischee-Kiste über. Jemand Fremdes, der einen weder als Person kennt, noch in der Funktion, in der Arbeitssituation oder mit seinen Kompetenzen. Zack halt.
– es trivialisiert die Position
Mag schon sein, dass die Aufgaben der Assistenz nicht klar sind. Aber das Selbstverständnis ist doch grundsätzlich fachbezogen und faktenbasiert: Die Assistenz ist eine professionelle Funktion im Unternehmen und bekommt dafür Gehalt. Sie bringt Fachkenntnisse ein und hat einen Anspruch an die Qualität ihrer Arbeit. Es gibt eine Stellenbezeichnung und eine Vielzahl von konkreten Aufgaben mit Zweck und Inhalt.
Ob es „gute Seele“ ist oder „Perle“ oder „Mädchen für alles“, so eine Bezeichnung trivialisiert den Beruf im Allgemeinen und die Funktion im Besonderen. Sie stammt aus einer Welt, in der die Währung verkorkste Dankbarkeit und Statusgewinn durch zugestandene Machtnähe ist.
– es mangelt an Respekt
Völlig egal, wie gut gemeint oder nachvollziehbar das ist und ganz unabhängig davon, wer bei dieser Situation nicht ausreichend vorbereitet war: Man hätte auch einen Moment warten können, wie die Assistenz sich selbst vorstellt, aber nein, das erste beste bekannte Schlagwort wird draufgepappt.
Das ist Sprechen-Über anstatt Sprechen-Mit und es ist so respektlos wie es klingt.
– es prägt ein Narrativ
Sprache zeigt nicht nur Bewusstsein, Sprache schafft auch Realität. Falschetikettierung bewirkt etwas. Entweder sie zwingt einen dazu, sich zu wehren: korrigieren, widersprechen, einordnen. Oder – wenn die Umstände das nicht zulassen – bringt sie einen in die Lage, wirklich die gute Seele sein zu müssen, zwingt einen dazu, das Etikett anzunehmen. Dann hat man verloren, oder? Wer nicht gleich widerspricht, signalisiert, dass er mit sich machen lässt.