Beim Vorabend-Dinner eines Kundenworkshops saß ich einem jungen Manager aus dem Kundenunternehmen gegenüber. Neues Projekt, ich hatte das Event organisiert, war als Vor-Ort-Begleitung und Dolmetscherin eingeteilt, alles war neu und spannend. Wir unterhielten uns über Vorgehensweise und Erwartungen, über das Beratungsunternehmen und das Tagungshotel, alles ganz normal, bis zu dem Moment, als diese Nachwuchsführungskraft hörte, was meine Funktion war. Die Reaktion war „Oh. You’re admin“ im Tonfall von gerade noch Enttäuschung, noch nicht ganz Verachtung. Ich war etwas konsterniert, auf jeden Fall überfordert und das Gespräch verebbte. Wir gingen unserer Wege, für ihn existierte ich fortan eher am Rande.
Was ich damals dem hierarchischen Gefälle Kunde – Dienstleister zugeschrieben hatte und mit schlechten Manieren erklärte, ist mir selbst und anderen Kolleginnen in unterschiedlichen Situationen immer wieder begegnet.
Schublade auf, Schublade zu, game over.
Bei dem Wort „Assistenz“ geht eine Schublade auf, in der sich eine voreingestellte Erwartungshaltung und das gesamte Unbehagen mit der vermeintlich untergeordneten Hiwi-Position befindet. Die bis dahin der Person automatisch zugestandene professionelle Akzeptanz wird hineingesaugt, die Schublade rumpelt zu und man wird nicht mehr als ebenbürtige Fachkraft behandelt.
Genau diese Erfahrung macht regelmäßig auch eine Berufskollegin, die in ihrer Organisation zwei unterschiedliche Aufgabengebiete betreut. In ihrem Nicht-Assistenz-Job begegnen ihr neue Gesprächspartner und Businesskontakte mit freundlicher Offenheit und tauschen sich mit ihr über die Inhalte dieser Tätigkeit völlig auf Augenhöhe aus. Das hält exakt bis zu dem Moment, in dem sich herausstellt, dass sie „auch“ den Assistenzjob hat. Von da an wird sie nicht mehr für voll genommen: in der anderen Aufgabe nicht und im Assistenzjob schon gar nicht.
Anscheinend wird der Funktion „Assistenz“ mit Geringschätzung begegnet und diese leichte bis mittelschwere Abwertung, das unbehagliche Fremdheitsgefühl und dieses Nicht-Ernstnehmen erstreckt sich unmittelbar auch auf die Person „Assistenz“: Ein Weibchen, das Weibchendinge tut und diesen anderen Job nebenher und irgendwie als Hobby macht – plötzlich ist es egal, dass sie darin wirklich gut ist und professionelle Inhalte liefert.
Stigma oder was?
Die Situation ist schwierig, weil die Verhaltensänderung so abrupt ist und so deutlich vom Bisher abweicht. Als „Nur“-Assistenz begegnet man genauso oft Herablassung, Mansplaining, dem Übersehenwerden, der Tatsache, dass man im Restaurant bei der Firmenfeier als letzte das Getränk bekommt, der ganzen Palette der Geringschätzung eben. Man ist aber schon darauf eingestellt, entweder resigniert oder streitbar, und so blöd es klingt, das Gefüge der Beziehungen ist kontinuierlich und geklärt.
Aber dieser Moment der Wahrheit, wo der Geschäftskontakt oder Kollege mitten in der bestehenden Beziehung auf das niedrigere Register umschwenkt, ist schwer zu verdauen. Die Erfahrung des plötzlichen Ach-doch-nicht, der Verlust des eigenen Standings und die Herabstufung der eben noch unbezweifelten professionellen Autorität ist bitter.