Dieser gruseligste Moment im Berufsleben eines im Grunde schüchternen Menschen: Gehaltsgespräch, uff. In Organisationen, die nicht automatisch in regelmäßigen Abständen ein vorher festgelegtes Budget an die Belegschaft verteilen, liegt es an einem selbst, diesen Prozess anzustoßen und dann einen konkreten Vorschlag zu machen.
Wenn man es nicht gewohnt ist, sich und die eigene Arbeit regelmäßig zu präsentieren, tut man sich schwer. Ganz grundsätzlich geht es ja erstmal um die Frage: Was tue ich hier eigentlich und welchen Wert hat meine Arbeit? Es entsteht das blockierende Gefühl, sich rechtfertigen zu müssen.
Ein Großteil der Assistenz-Arbeit ist unterstützende Arbeit, also nicht direkt an der Wertschöpfung beteiligt. In einer Welt, die sehr von Kennzahlen geprägt ist, wird ihr Beitrag gerne fehlinterpretiert: dort geht es um Output, also messbare Mengen an Arbeit, Zeit oder Geld. Und die Assistenz, ihre Tätigkeiten und ihre Erfolge sind nicht gut quantifizierbar. Man kann es versuchen – wurden mehr Termine gemacht als im Vorjahr, Protokolle schneller geschrieben? – kommt jedoch schnell an die Grenzen des Sinnvollen.
Der Wert der Assistenz-Arbeit
Aber natürlich hat unsere Arbeit einen Wert. Wir unterstützen Kollegen oder Abteilungen und sparen ihnen Zeit und Aufwand. So stellen wir sicher, dass Kernprozesse reibungsloser laufen.
Wir konzentrieren uns auf das Organisatorische, auf Verwaltung und Betreuung und erwerben in diesen Bereichen Prozesswissen. Viele unserer Tätigkeiten sind nicht standardisiert und begegnen uns in einer bestimmten Konstellation vielleicht nur ein einziges Mal. Beim nächsten ähnlichen Ereignis haben sich die Voraussetzungen oder die Anforderungen oft geändert.
Meist ist keine Zeit, nebenher alle Zusammenhänge und Details festzuhalten oder der Aufwand dafür steht nicht im Verhältnis. Aber das Wissen darüber steckt in uns und bleibt erhalten: Wir tragen für die Organisation ein stetig wachsendes implizites Wissen mit uns.
Das ist nicht nur Wissen über bürokratiegebundene Einzelfakten wie Ablageorte, Portogebühren oder Visaformalitäten. Es ist auch viel Wissen über Zusammenhänge und Situationen. Welches Hotel hatte die Betten in Übergröße? Wie muss ich eine Eingabemaske überlisten, um eine bestimmte Funktionalität ausführen zu können? Tun wir uns mit Versand FCA wirklich einen Gefallen?
Darüber hinaus bauen wir Metawissen auf: Wir haben gelernt, welche Situationen wir in welcher Weise auflösen konnten – durch Nachfragen, Ausprobieren oder Zufall. Wir bauen stetig an einem Netzwerk aus hilfreichen Beziehungen. Wir haben die Erfahrung gemacht, in welchen Fällen wir nervös werden sollten und wann einfaches Abwarten und Beobachten reicht.
Und der Mehr-Wert?
Diese gesamte Erfahrung, die Details, Handgriffe und Tricks, fließt in unsere Arbeit ein. Ohne es im Zeitverlauf wirklich zu merken, verbessern wir ständig nebenher all die Abläufe in unserer Zuständigkeit. Das bedeutet einen Zuwachs an Geschick, Schnelligkeit, Problemlösekompetenz, daran, nicht die Nerven zu verlieren („Sie sind der ruhende Pol“), sich nichts vormachen zu lassen, zu vergleichen, mitzudenken und vorauszuplanen. Einfach durch fortgesetzte Übung tragen wir zum Gewinn fürs Unternehmen bei.
Messen? nein. Bewerten? ja!
Bei unserer Arbeit geht es also nicht um den klassischen Output, sondern vielmehr um Outcome, also darum, dass unsere Arbeit insgesamt eine Wirkung und Ausstrahlung hat. Das lässt sich vielleicht nicht messen, aber durchaus bewerten.
Einordnen
Das ist uns selbst nicht unbedingt bewusst. Für diejenigen, denen wir zuarbeiten, ist es noch weniger klar, sie nehmen zwar die Ergebnisse wahr, die Prozesse dazu aber sehr selten. Und die Entscheider, mit denen wir vielleicht dieses Gespräch über das Geld und den Mehrwert führen, sind noch eine Ebene weiter davon entfernt.
Für diesen Moment lohnt es sich, die Überlegungen in nachvollziehbaren Stichpunkten zusammenzufassen. Auch wenn man keine unmittelbaren Heldengeschichten vorzuweisen hat: Was man sich und anderen klar machen kann, ist ein Blick auf die Situation, wie sie ohne diese im Hintergrund präsente, auffangende Unterstützung wäre.
Damit hat man sich selbst Argumente und damit Selbstsicherheit geschaffen – und für andere den eigenen Beitrag leichter verstehbar gemacht.